Nachdem er die Wege der Welt gründlich erforscht und ausgekostet hatte, stieg Hanshan im China des 7. Jahrhunderts auf der Suche nach sich selbst aus der Gesellschaft aus. Er lebte als Einsiedler in der Wildnis des Hanshan, des "Kalten Berges", und schrieb im Umkreis unerhörte Gedichte auf Bäume, Felsen und Hauswände.
"Der Hanshan" wurde zum Kultbuch zahlloser Suchender, die sich den ganz individuellen Weg zur eigenen inneren Wahrheit nicht von der Gesellschaft, religiösen Institutionen oder Gurus vorschreiben lassen wollen. Chinesische und japanische Dichter, Maler und Zen-Meister haben sich von Hanshan ebenso beflügeln und inspirieren lassen, wie die Poeten der Beat-Generation und die Morgenlandfahrer des modernen Westens.
Leseprobe
Ich lebe voller Freude mit dem Alltags-Weg
In einer Grotte unter dunstverhangenen Kletterpflanzen;
Mein wildes Herz vollkommen frei und ledig,
Für immer Weißer Wolken müßiger Gefährt.
Kein Pfad verbindet mich mehr mit der Welt,
Bin absichtslos - was könnte mich noch fesseln?
Auf einer Felsplatte sitze ich einsam in der Nacht,
Während der Vollmond aufsteigt am Hanshan.
Autorenportrait
Hanshan, (deutsch: Kalter Berg, vermutlich spätes 7. oder 8. Jh.) war ein chinesischer Dichter der Tang-Zeit. Hanshan ist nicht zu verwechseln mit dem Zen-Mönch Hanshan Deqing, welcher im 16./17. Jh. lebte.
Die historische Person des Hanshan ist kaum greifbar. Als einzige Quelle für seine Biografie dient die Gedichtsammlung Hanshan shi (deutsch: Gedichte vom Kalten Berg). Diese besteht aus etwa 360 Gedichten, wovon 307 Han-Shan zugeschrieben werden, und einem kurzen, jedoch wenig zuverlässigen Vorwort. Der Name Hanshan ist ein Pseudonym, der Dichter wurde, wie auch viele