Die farbenprächtigen Rituale, geheimnisvollen Praktiken und Einweihungen des tibetischen Buddhismus faszinieren immer mehr Menschen des Westens. Übersehen oder verdrängt wird jedoch von vielen, daß dieser Tradition patriarchalisch-feudale Machtstrukturen zugrunde liegen, die u. a. durch Lehren zur Geschlechtersymbolik und Sexualität gestützt werden.
June Campbell hat den Buddhismus viele Jahre "von innen" studiert. Sie arbeitete als Übersetzerin für tibetische Lamas und war, wie sie bekennt, einige Jahre die "geheime sexuelle Gefährtin" eines hochgestellten, auch im Westen sehr verehrten Lamas einer Mönchstradition. Dennoch ist ihr Buch kein Enthüllungsbuch im üblichen Stil. Vielmehr handelt es sich um eine gründliche und dazu spannend geschriebene Analyse der Strukturen und der Symbolik des tantrischen Buddhismus - eine Untersuchung, die eine Fülle radikaler Denkanstöße gibt.
Zentrale Frage der Autorin ist, ob das System des tantrischen Buddhismus den existentiellen Bedürfnissen von Frauen (und letztlich auch von Männern) gerecht werden kann. Außerdem ist dieses Buch ein Plädoyer dafür, Frauen "eine Stimme zu geben"; es will Frauen Mut machen, eine ihnen gemäße Symbolik zu finden.
Theseus 1997, ca. 320 Seiten
Zustand: sehr gut